Aus: "Häusliche Pflege", Nr. 4/97, S. 50 ff.
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Zertifizierung durch den Technischen Überwachungsverein (TÜV) Rheinland |
"Entscheidende Elemente der DIN ISO 9000 sind
auch im TÜV-Zertifikat vorhanden", sagt Horst
Erichsen, Vertriebsbeauftragter der
TÜV-Rheinland-Gruppe. "Wir haben aber festgestellt,
daß die Akzeptanz der ISO-Norm nicht sehr groß ist. Die
ambulanten Dienste vermissen den Kundenaspekt. Deshalb
haben wir unsere Prüfkriterien sehr stark an den
KundInnen der Einrichtungen ausgerichtet."
Mindestens zwei Tage, bei größeren Einrichtungen auch
länger, sind die MitarbeiterInnen der Prüfinstanz vor
Ort, um insbesondere mit den KundInnnen der ambulanten
Dienste zu sprechen. Kundenbefragungen haben den höchsten Stellenwert. Dr. Ursula Reck-Hog, Professorin an der Universität Freiburg, die die Inhalte der Zertifizierung maßgeblich geprägt hat, ist von dieser Vorgehensweise überzeugt: "Wir haben uns an einem in den USA erprobten Fragebogen orientiert und ihn an deutsche Verhältnisse angepaßt. Das wichtigste für die Überprüfung der Qualität der Dienstleister in der Häuslichen Pflege ist die Einschätzung der KlientInnen. So nehmen wir uns die meiste Zeit für diesen Aspekt. Wir fahren mit zu den Menschen nach Hause und interviewen die Pflegebedürftigen direkt und/oder deren Angehörige. Der Fragebogen mit offenen Fragen, den wir während der Interviews bearbeiten, basiert auf den vom TÜV zugrundegelegten Qualitätsanforderungen. Bei den KlientInnen erfahren wir das meiste über die Organisation und die Pflegequalität der Einrichtung sowie die Freundlichkeit, Verläßlichkeit und Pünktlichkeit der MitarbeiterInnen. Auf diese Weise überprüfen wir, ob das zugrundegelegte Pflegeleitbild auch in die Praxis umgesetzt wird." Die Touren, bei denen die MitarbeiterInnen der TOSU GmbH, die für den TÜV die Prüfungen durchführt, dabei sind, werden "blind" ausgewählt. Vor der Prüfung schicken die Dienste einen Tourenplan, und die PrüferInnen entscheiden nach einem EDV-geschützten Stichprobenverfahren, auf welcher Route und zu welchen KundInnen sie fahren. Orientierungshilfen für das Umfeld geben. Neben diesen inhaltlichen Standards werden
pflegeprozeßorientierte Aspekte, technische und bauliche
Voraussetzungen der Pflegedienste überprüft.
"Davon profitieren ambulante Dienste, die ihre
Arbeits- und Planungsabläufe effizient und ökonomisch
durchführen wollen", sagt Horst Erichsen.
"Dabei zielt die TÜV-Prüfung vor allem darauf ab,
der Öffentlichkeit, Ärzten und potentiellen Neukunden
eine Orientierungshilfe zu geben bei der Auswahl von
kundenfreundlichen und seriösen ambulanten
Pflegediensten." "Den TÜV kennt jeder". Martin Hilbolt, Inhaber der häuslichen Krankenpflege
Med Mobil in Recklinghausen, die "als erster
ambulanter Pflegedienst im Ruhrgebiet" nach den
TÜV-Normen zertifiziert wurde, sieht durch die Prüfung
nicht nur die Bestätigung seiner individuellen
Qualitätsentwicklung in der Einrichtung. "Für uns
war auch die Dokumentation der Qualität nach außen hin
wichtig. Wir grenzen uns so gegenüber der Konkurrenz ab
- ein entscheidender Aspekt im Marketing. Dazu kommt,
daß ein TÜV-Siegel in der Bevölkerung bekannt ist und
für Prüfung und Qualitätskontrolle steht. Auch das war
entscheidend für die Wahl der Zertifizierung durch den
TÜV Rheinland." Die MitarbeiterInnen der TOSU geben
nach der bestandenen Prüfung Hinweise, wie das Marketing
des Pflegedienstes nach Erhalt des TÜV-Siegels gestützt
werden kann. Die Normen sollen permanent eingehalten werden. Nach 18 Monaten findet dann in jedem Fall eine
Nachprüfung (zweites Audit) statt. "Wir behalten
uns jedoch vorgezogene Prüfungen vor, wenn
beispielsweise gravierende Veränderungen im Pflegedienst
stattfinden", sagt Erichsen. "Wir fordern auch
die Klienten auf, Probleme gegenüber dem TÜV
anzusprechen. Bei einer Häufung von Beschwerden prüfen
wir erneut. Unsere angelegten Prüfungsnormen sollen
permanent eingehalten werden. Wir wollen so die
vielzitierten "schwarzen Schafe" in der Branche
ausgrenzen. Einen Pflegedienst beispielsweise, der fast
ausschließlich Aushilfskräfte beschäftigte, haben wir
von vornherein abgelehnt. Das deckt sich schon in der
organisatorischen Anlage nicht mit unseren
Qualitätsaufforderungen. Ich meine, daß es auch bei
Pflegediensten den Volkswagen und den Mercedes geben kann
und muß. Wir wollen den Mercedes." |
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Der Autor: Stefan Neumann |
Mehr zum Thema: Infos über Horst Erichsen, Tel. (01
80) 5 23 74 64 |